Die Einfachheit von Inklusion

 

Manchmal hat man das Gefühl, dass Inklusion ein Luxusgut ist. Irgendwie ist immer etwas anderes wichtiger, dringender, aktueller …

 

Aber Inklusion ist für mich kein Luxusgut – eher eine sehr einfache Form des Zusammenhalts. Luxus schafft meistens die Barrieren erst. Allein die ganzen Hindernisse in der Bürokratie sind reine Luxusprobleme. Zum Beispiel war Homeoffice und eine Klausur zuhause zu schreiben vor Corona fast undenkbar. Erst durch Corona hat man die Einfachheit dieser Arbeits- und Prüfungsform entdeckt. Plötzlich ging es ohne Widerrede, weil nichts anderes mehr ging.

 

Und warum muss eigentlich nur da Inklusion drin sein, wo sie explizit genannt wird? Man kann auch andere Wörter nutzen: Nächstenliebe, Solidarität, Respekt, Akzeptanz.

 

Jetzt das große Aber: Es muss jeder einbezogen werden – ohne Wenn und Aber. Die Barrieren sind also tatsächlich nur in den Köpfen der Menschen, denn sie denken nur daran, etwas für andere zu tun – meist über deren Köpfe hinweg. Stattdessen wäre ein Miteinander angebrachter – im Sinne der Inklusion.

 

Am besten weiß doch jeder Mensch selbst, was gut für ihn ist, oder? Das gilt zum Beispiel auch für den Umgang mit Corona in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderung. Das heißt nicht, dass man immer derselben Meinung sein muss. Auch das gehört zum Recht auf Selbstbestimmung. Und man kann ja auch reden und Kompromisse finden. Können vielleicht alle Mitarbeiter und Bewohner einer Einrichtung abstimmen und die Mehrheit entscheidet dann? Oder kann man einigen Bewohnern vertrauen, dass sie nach einer ausführlichen Erklärung allein mit den Corona-Maßnahmen außerhalb des Gebäudes klarkommen und die Situation selbstständig einschätzen können? Und schickt man bei anderen Bewohnern eine Begleitung mit, die derjenige sich aber aussuchen darf und die ihm zumindest das Gefühl von Freiheit und gleichzeitiger Sicherheit gewährt?

 

Auch der digitale Raum wird angesichts vieler Programmierungs- und Gestaltungsmöglichkeiten aus purem Luxus oft viel zu kompliziert gestaltet. Eigentlich gibt’s doch nichts Einfacheres als Bilder und Videos kurz zu beschreiben, Audio zu verschriftlichen und Webseiten möglichst übersichtlich zu halten. Warum machen das nicht längst alle?!

 

Die Corona-Zeit hat meiner Meinung nach ganz besonders gezeigt, wie Inklusion immer schon war – sozusagen ihr wahrer Hintergrund in den allermeisten Fällen: Dieses „Wir wollen nur das Beste für dich!“, dieses Füreinander statt Miteinander. Ja, viele Behinderte wie auch ich sind Teil der Risikogruppe, aber wir müssen deshalb nicht eingesperrt oder in Watte gepackt werden, denn wir können selbst entscheiden. Das wäre wahre Inklusion.